Lothar und Jutta Beiersdorf

Unsere Tochter Silvia, geb. am 02.10.1979, erlitt am 22.05.2004 einen schweren Verkehrsunfall. Sie zog sich schwerste Hirnverletzungen zu und hatte lt. Aussage der Ärzte nur geringe Überlebenschancen. Nach 3 Wochen Koma war Silvia außer Lebensgefahr, aber die Prognose der Ärzte war düster: Wachkoma, ausgeprägte Lähmungen, Blindheit...

Wir haben mit Silvia jeden Tag gekämpft und heute stellt sich Silvias Zustand folgendermaßen dar: Silvia kann sich körperlich uneingeschränkt bewegen, kann wieder selbständig essen und trinken, geht tagsüber, meist nach Aufforderung, auf Toilette, ist nur noch nachts inkontinent. Allerdings hat unsere Tochter schwerste Wahrnehmungs-und Orientierungsstörungen. Sie weiß nicht, wer sie ist, kann sich nicht alleine orientieren, kennt uns nicht mehr und ist 24h hilfebedürftig.

Wir üben unter Anleitung eines Neuropsychologen seit vielen Monaten bestimmte Rituale, wie z. B.

  • Aufstehen
  • Toilettengang
  • Baden
  • Abtrocknen
  • Anziehen.

Diese Tätigkeiten kann Silvia mittlerweile ohne direkte Hilfe teilweise ausführen, aber immer nur innerhalb eines schematisierten Ablaufes. Wir betreuen unsere Tochter mit Hilfe eines persönlichen Budgets, d. h., Silvia hat 3 persönliche Assistenten, welche mit ihr den Tag gestalten, zu Therapien gehen, die Abläufe und Rituale üben...
Ausführlich wird die Betreuung u. a. in unserer Homepage www.silvia-lebt-weiter.de beschrieben und auch ständig fortgeführt und aktualisiert.

Wir haben im Laufe der Zeit verschiedenste Therapien ausprobiert und suchen immer weiter.

Bewährt haben sich für uns ganz speziell:

  • Heileurythmie
  • Ergotherapie
  • Ambulante neuropsychologische Therapie
  • Reittherapie
  • Musiktherapie
  • Sprachtherapie

Ab Oktober werden wir uns ausführlicher mit der Biofeedbacktherapie befassen und suchen weiter... Unser Leben hat sich nach diesem schicksalhaften Tag im Mai 2004 grundlegend verändert, die Situation in unserer Familie war oft sehr schwer und voller Probleme. Am Dienstag wird Silvia 28 Jahre alt, der 3. Geburtstag nach dem Unfall. Wir haben den 25. Geburtstag noch mit allen Freunden und Verwandten gefeiert, den 26. Geburtstag schon weniger und den 27. Geburtstag gar ausfallen lassen. Was soll man auch feiern?!

Nun werden wir wieder in Familie zusammensitzen, mit Silvia, unseren beiden Söhnen und deren Familien in eine Gaststätte gehen. Das klappt mit Silvia mittlerweile gut.

Eine Kommunikation hat sich im Laufe der Jahre auch herausgebildet und das schönste ist, dass Silvia emotional vor allem im letzten Jahr viel dazu gewonnen hat. Sie lacht sehr viel, freut sich mit uns und hat überwiegend gute Laune. Dies wäre wohl bei so schweren Hirnverletzungen sehr selten, hat uns eine leitende Neuropsychologin gesagt.

Die aktive Zeit für und mit Silvia, seit wir sie am 23.12.2004 aus der Klinik geholt haben, hat uns am Ende doch gut getan, auch wenn die Erfolge sich bei weitem nicht so eingestellt haben, wie wir das anfangs erhofft hatten.

Wir sind ständig auf der Suche nach geeigneten Tagesabläufen und Beschäftigungen für Silvia, auch hier sind wir dankbar für Anregungen und Tipps. Unser alltägliches Umfeld hat sich stark verändert, sowohl beruflich als auch privat. Diese Veränderungen haben uns sehr geschmerzt, aber wir konnten auch schöne Erfahrungen mit neuen Freunden und Kollegen machen.

Folgende Aussagen verdeutlichen unsere Situation recht treffend:

„Leben ist das, was passiert, während Du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen -John Lennon-

und

„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“-Vaclav Havel-

Viele herzliche Grüße

Lothar und Jutta Beiersdorf
Radebeul, 28.09.2007