Pressemitteilung

„Rasen kostet nicht nur Geld und den Führerschein, sondern auch Gesundheit und Leben“

NRW-Innenminister Ralf Jäger mit René und Ursula Heinen sowie Helga Lüngen (Mitte)

Warum die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, eine Familie aus Leverkusen und eine Polizeihauptkommissarin aus Gütersloh den Blitzmarathon begrüßen

Bonn / Düsseldorf. Für Verkehrsunfallopfer und ihre Angehörigen ändert sich das Leben von einer Sekunde auf die andere. In vielen Fällen haben die Betroffenen lebenslang mit den Folgen der Verletzungen zu kämpfen. Der Blitzmarathon am 21./22. April rückt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf ihr Schicksal und will zur Unfallprävention beitragen. Deshalb begrüßt die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung diese öffentlichkeitswirksame Maßnahme des Landes Nordrhein-Westfalen.

Was wäre wohl gewesen, wenn der Fahranfänger mit seiner Motocross-Maschine am 5. Juni 1980 langsam aus der Einfahrt auf die Straße gerollt wäre? Was, wenn er vom Gas gegangen wäre, als er das Mädchen mit dem Kleinkind an der Hand am Straßenrand erblickte? Ursula Heinen und ihr Sohn René wissen nur, was stattdessen geschah: Die Maschine sauste aus der Einfahrt, erschreckte mit ihrem Getöse René so sehr, dass der Zweijährige sich von seiner Begleiterin losriss und auf die Straße rannte. Direkt vors Motorrad. Monatelang kämpften Ärzte anschließend um sein Leben.

„Stellt euch bei jeder Fahrt vor, was passieren kann“, wendet sich Ursula Heinen, seine Mutter, heute an alle Auto- und Zweiradfahrer. „Nach einem Unfall ticken für die Verletzten und ihre Familien die Uhren anders. Für immer.“ – „Rasen kostet nicht in erster Linie Geld, Punkte und den Führerschein“, ergänzt Ellen Haase, Opferschutzbeauftragte für Unfallopfer in der Kreispolizeibehörde Gütersloh. Sie fügt hinzu: „Rasen kostet das Leben und die Gesundheit. Die eigene und die unschuldiger anderer Menschen.“

René Heinen, heute 37 Jahre, hat nicht nur überlebt, sondern die Mittlere Reife und die Ausbildung zur Bürokraft geschafft. Aber er hatte auch eine Kindheit voller Schmerzen und Operationen, und seine ganze Familie durchlebte Jahrzehnte voller Sorgen. Die leichte Spastik, die der sportliche junge Mann zurückbehalten hat, brachte ihm einige Bänder- und Kreuzbandrisse ein. „Reden möchte ich auch jetzt wieder besser können“, meint Heinen selbstkritisch. Aktuell arbeitet er viel mit einer Neuropsychologin und hofft auf eine Anstellung in einer Behörde oder im Sportbereich.

Überhaupt, der Sport … Dass er bei der Europameisterschaft der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für Menschen mit Zerebralparese - mit Bewegungsstörungen durch eine Schädigung des Zentralen Nervensystems - 2014 in Portugal im Tor stehen durfte, war bisher eins von René Heinens Highlights. Zu dieser Mannschaft kam er über einen Fußballworkshop der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung. Seiner Mutter half die Bonner Stiftung, sich mit anderen zu vernetzen, in deren Familien schwere Schädelhirnverletzungen ebenfalls Spuren hinterlassen haben.

Von der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung mit dem „Preis für eine besondere Frau“ ausgezeichnet wurde vor einem Jahr Ellen Haase. Die Polizeihauptkommissarin setzt sich in ihrem zweiten beruflichen Schwerpunkt, als Verkehrssicherheitsberaterin, für den umsichtigen Umgang mit Fahrradhelm, Reflektoren und Gurt und für geschwindigkeitsbewusstes Fahren ein. Über Haases Schreibtisch gehen immer wieder Meldungen über schwerstverletzte Kinder und Jugendliche, die aus demselben Grunde verunglückten: Erwachsene hatten es zu eilig. „Wenn Sie dann einen Richter zum Unfallverursacher sagen hören: „Wären Sie die geforderte Geschwindigkeit gefahren, wäre kein Unfall passiert …“, so etwas vergisst man nicht“, betont sie. Und ergänzt: „Lieber langsam ankommen als umkommen.“ Wer sich über eine Geschwindigkeitsbegrenzung aufrege, solle bedenken: „Jedes Schild hat eine Geschichte.“ Steht an einer Landstraße die 70 oder 80, hat es zuvor meistens mehrfach geknallt.

Haase ist selbst schon geblitzt worden – „einmal mit 36 in der 30-er-Zone. Einmal mit 60, wo ich dachte, ich dürfte noch 70 fahren, dabei waren es 50.“ Sie ärgerte sich über sich selbst, räumt sie ein – und war danach dankbar, mit dem Denkzettel davongekommen zu sein. „Vergessen darf man auch nicht: Manchmal empfiehlt es sich, noch langsamer zu sein, als es auf den Schildern steht“, ergänzt Haase. „Wenn es zum Beispiel neblig ist oder bei Eisglätte.“ Und immer, wenn man aus einer Einfahrt auf die Straße möchte und nicht ausschließen kann, dass Kinder auf dieselbe rennen.

Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung hilft seit 1983 schädelhirnverletzten Unfallopfern und ihren Angehörigen. Die Folgen einer Schädelhirnverletzung reichen von Beeinträchtigungen in der Konzentration, Wahrnehmung und Reaktion bis hin zum Verlust der Bewegung, Sprache oder des Gedächtnisses. 270.000 Menschen erleiden jedes Jahr ein solches Schicksal, davon etwa 70.200 durch Unfälle im Straßenverkehr. Das sind 195 Unfälle pro Tag. „Betroffen ist aber immer die ganze Familie, die dadurch nicht selten in eine soziale Isolation rutscht“, erläutert Helga Lüngen, Geschäftsführerin der Stiftung. „Deshalb begrüßen wir den Blitzmarathon, denn den Unfallopfern, die oft lebenslang mit den Folgen der Verletzung zu kämpfen haben, wird viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Wir verstehen uns als Stimme der Betroffenen und Angehörigen in der Öffentlichkeit, bieten für beide Gruppen spezielle Nachsorgeangebote an und betreuen die Familien teilweise über Jahre.“

Die Hilfeangebote der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung sind für die verletzten Menschen und ihre Angehörigen stets kostenlos. Der multiprofessionelle Beratungs- und Informationsdienst bietet unabhängigen Rat und unbürokratische Hilfe bei allen Fragen zum Thema Nachsorge nach einer Schädelhirnverletzung, zum Beispiel bei Fragen zum Rehabilitationsprozess oder bei Problemen mit Kostenträgern. Ein Hilfsfonds unterstützt in Not geratene Unfallopfer mit direkten finanziellen Zuwendungen. Pflegende Angehörige erfahren Unterstützung auf Wochenend-Seminaren, hirnverletzte Menschen können bei eigens für sie gestalteten Erlebnis-Wochenenden Kontakte zu gleich Betroffenen knüpfen. Für Familien mit einem schädelhirnverletzten Kind werden spezielle Wochenendseminare angeboten, bei denen die Eltern offen über ihre Sorgen sprechen können und fundierte fachliche Informationen zum Krankheitsbild ihres Kindes erhalten.

Download Statement Familie Heinen (pdf)

Download Statement Polizeihauptkommissarin Ellen Haase (pdf)

 

Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung für Verletzte mit Schäden des Zentralen Nervensystems mit Sitz in Bonn wurde 1983 von Frau Dr. med. h.c. Hannelore Kohl gegründet. Sie finanziert den Beratungs- und Informationsdienst für Schädelhirnverletzte und deren Angehörige, unterstützt bei der Suche nach geeigneten Rehabilitationseinrichtungen und fördert die wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Neurologischen Rehabilitation. Weitere wesentliche Aufgabe ist die Unfallprävention. Hier ist das Ziel, durch die Aufklärung über Unfallrisiken und das Aufzeigen geeigneter Schutzmaßnahmen Kopfverletzungen mit schwerwiegenden Folgen zu vermeiden und die hohen Unfallzahlen dauerhaft zu senken.

 

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