Laudatio zum Förderpreis 2014

Förderpreis 2014
der
ZNS - Hannelore Kohl Stiftung

Laudatio

von Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jan Schwab, (Berlin und Columbus, OH) zur Übergabe an die Preisträgerinnen und den Preisträger

 

Platz 1 zu gleichen Teilen:

Dr. med. Tareq A Juratli, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, Carl-Gustav-Carus Universität, Technische Universität Dresden,

für die Arbeit:
Prospektive Studie zur Progression von Hirnblutungen nach isoliertem Schädel-Hirn-Trauma: Gerinnungsstörungen bestimmen das Patienten-Outcome

Dr. med. Nicole Terpolilli, Abteilung für Neurochirurgie LMU, München,
für die Arbeit:
"Inhaled nitric oxide reduces secondary brain damage after traumatic brain injury in mice“ (Circulation Research, J Cereb Blood Flow Metabolism)

Platz 2
Dr. rer. nat. Christiane Albert-Weißenberger, Abteilung für Neurologie, Universitätsklinik Würzburg,

für die Arbeit:
"Blocking of bradykinin receptor B1 protects from focal closed head injury in mice by reducing axonal damage and astroglia activation“ (J Cereb Blood Flow Metabolism)

anlässlich des "9. Nachsorgekongresses der Arbeitsgemeinschaft "Teilhabe, Rehabilitation, Nachsorge und Integration nach Schädelhirnverletzung" am 26. Februar 2015 in Berlin


Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine große Freude, heute diese herausragenden Arbeiten zu prämieren.
Dem vorausgehend hat das Preisrichterkomitee der ZNS - Hannelore Kohl Stiftung 2014 in München getagt. Bereits in der Vorbereitung war klar: Die Betonung dieser Auszeichnung soll auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses liegen. Darum ist die Einreichung von Arbeiten auf Bewerber unter 35 Jahren beschränkt.

Und - ja, es gibt hervorragenden wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich der Schädelhirnverletzung in Deutschland. Die prämierten Arbeiten reichen von experimentellen Tiermodellen bis hin zu prospektiven klinischen Studien. Sie bilden somit ein weites Spektrum ab.

Herr Dr. med. Tareq Juratli ist Facharzt für Neurochirurgie an der Uni Dresden. Er studierte Humanmedizin an der Philipps-Universität, Marburg. Es folgten Forschungsaufenthalt in San Francisco, Arkansas und Columbus.

Bei seiner wichtigen Arbeit "Prospektive Studie zur Progression von Hirnblutungen nach isoliertem Schädel-Hirn-Trauma: Gerinnungsstörungen bestimmen das Patienten-Outcome" mit prospektiver klinischer Observationsstudie einer Patientenkohorte mit isoliertem SHT (N=227) handelt sich um einen Forschungsbeitrag von hohem Schwierigkeitsgrad. Er liefert erste Belege, dass die Gerinnungsstörung (Koagulopathie) in Folge eines Schädelhirntraumas ein unabhängiger Risikofaktor für Progression der Hirnkontusion ist. So sind bei 57 % der größenprogredienten Blutungen eine Gerinnungsstörung darstellbar.

Ich zitiere aus dem Gutachterbericht: Die vorgelegte Arbeit zeigt sehr eindrücklich die besondere Bedeutung dieser ganz hervorragend gestalteten und sorgfältig analysierten prospektiven klinischen Studie. Es wurden in einem klinischen Verbund gewonnene und analysierte Daten von 227 Patienten untersucht, die aufgrund eines isolierten Schädelhirntrauma (SHT) im Zeitraum von 2008 bis 2012 in der Neurochirurgie des Universitätsklinikums der TU Dresden behandelt wurden.

Schlussfolgerung: In der hier vorgestellten Studie stellen Trauma-bedingte Koagulopathien schwerwiegende posttraumatische Risiken dar. Eine wichtige Erkenntnis, die jeder Neurotraumatologe zukünftig kennen und beherzigen sollte.

Die Preiswürdigkeit dieser Arbeit liegt begründet
- in der innovativen Auswahl der hier untersuchten Fragestellung,
- in der sorgfältig kontrollierten umfassenden prospektiven klinischen Studie
- und in der multivariaten Datenanalyse der drei untersuchten Patientengruppen.

Die besondere klinische Bedeutung der klar herausgearbeiteten Konsequenzen hat in der Veröffentlichung in dem renommierten Journal of Neurotrauma ihren Niederschlag und zu Recht internationale Verbreitung gefunden.

Herr Dr. Juratli - ich gratuliere Ihnen herzlich zum ersten Preis!


Ein weiterer erster Preis geht gleichberechtigt an Frau Dr. med. Nicole Terpolilli für die Arbeit "Inhaled nitric oxide reduces secondary brain damage after traumatic brain injury in mice“, die 2013 veröffentlicht wurde im Journal of Cerebral Blood Flow and Metabolism.

Vor uns steht eine junge Frau mit mittlerweile 10 PubMed-Publikationen auf dem Weg zur Habilitation. Sie ist als neurochirurgische Assistenzärztin bei Herrn Prof. Dr. med. J. C. Tonn an der Neurochirurgischen Klinik am Campus Großhadern des Klinikums der Universität München tätig. Die gebürtige Münchnerin hat dort studiert und ihre klinische Ausbildung abgeschlossen. Die eingereichte Arbeit wurde bei Herrn Prof. Dr. med. Nikolaus Plesnila (Arbeitsgruppe für Experimentelle Neurochirurgie, LMU) als medizinische Doktorarbeit eingereicht zu der Hypothese „Kann inhaliertes Stickstoffmonoxid (NO) zu einer Vasodilation und Neuroprotection in der Penumbra nach experimentellem SHT führen?“

Die Ergebnisse zusammenfassend kann die Aussage getroffen werden, dass Frau Terpolilli belegte, dass inhalierte Stickstoffmonoxid Gabe neuroprotektiv in einem SHT Tiermodell ist. Neben direkter funktioneller Verbesserung kann dadurch „Zeit gewonnen“ werden. Die vorgelegte Arbeit belegt, dass eine hypothesengesteuerte Erweiterung im Rahmen einer klinischen Pilotstudie möglich und wünschenswert ist.

Frau Dr. Terpolilli - ich gratuliere Ihnen herzlich zum ersten Preis!


Nun zum zweiten Preis. Ebenfalls eine herausragende Arbeit. Der zweite Preis geht an Frau Dr. Christiane Albert-Weißenberger für die Arbeit „Blocking of bradykinin receptor B1 protects from focal closed head injury in mice by reducing axonal damage and astroglia activation“ ebenfalls veröffentlicht im Journal of Cerebral Blood Flow and Metabolism.

Frau Albert-Weißenberger ist 35 Jahre jung und Neurobiologin. In Anschluss an ihr Biologiestudium folgte ein Forschungsaufenthalt am Institute Pasteur in Paris. Heute forscht sie an der Uni Würzburg, Abteilung für Neurologie, bei Herrn Prof. Christoph Kleinschnitz.

In ihrer Arbeit verfolgt sie einen schlüssigen molekularen Ansatz. Die spezifische Blockade des Bradikinin B1 receptors (B1R) reduziert den axonalen Schaden, attenuiert die prolongierte Astrozytäre Narbe und verbessert die neurologische Funktion in Mäusen.

In dieser Arbeit von herausragender wissenschaftlicher Leistung mit hohem experimentellen Aufwand identifiziert Frau Albert-Weißenberger einen innovativen Rezeptorblocker und stellt mit dem Protein B1R einen konkreten Interventionskandidaten für weiterführende translationale Studien vor.

Frau Dr. Albert-Weißenberger - ich gratuliere Ihnen sehr herzlich zu Ihrem Preis.


Wir beginnen nun mit der offiziellen Preisvergabe und der Überreichung der Urkunden sowie der Schecks durch Frau Dr. Kristina Schröder, der Präsidentin der ZNS - Hannelore Kohl Stiftung. Im Anschluss werden die Preisträger ihre Arbeit selbst kurz vorstellen.