Förderpreis 1999
des
KURATORIUMS ZNS und der Hannelore-Kohl-Stiftung
Laudatio von Frau Hannelore Kohl
zur Übergabe an den Preisträger
PD Dr. med. Axel Piepgras, Klinikum Mannheim,
für die Arbeit:
"Mässige Hypothermie zur Neuroprotektion - experimentelle Untersuchungen und klinische Anwendung"
verliehen am 18. März 1999 in Hamburg
Meine sehr verehrten Damen,
meine Herren,
hirnverletzten Mitmenschen bessere Voraussetzungen für die neurologische Rehabilitation zu schaffen, ist das Ziel und die Aufgabe des KURATORIUMS ZNS und der Hannelore-Kohl-Stiftung.
Diese Arbeit finanzieren wir ausschließlich aus Spendenmitteln. Das KURATORIUM ZNS unterstützt bestehende neurologische Rehabilitationseinrichtungen bei der Beschaffung von dringend benötigten medizinischen Geräten zur Verbesserung der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten.
Die Hannelore-Kohl-Stiftung fördert schwerpunktmäßig wissenschaftliche Projekte zur Erforschung und Entwicklung neuer Rehabilitationsverfahren im Bereich der Neurowissenschaften. Die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis steht dabei an erster Stelle, um hirnverletzten Mitmenschen den Weg zurück in Familie, Schule, Beruf und Gesellschaft zu ebnen.
Um auf dem Gebiet der Neurowissenschaften Anreize zur Forschung zu geben, haben das KURATORIUM ZNS und die Hannelore-Kohl-Stiftung einen Förderpreis in Höhe von DM 25.000,00 (EUR 12.782,30) ausgeschrieben, der alle zwei Jahre vergeben wird.
Er wird vergeben für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten zur Forschung, Entwicklung und Erprobung von diagnostischen und therapeutischen Verfahren in der neurologischen, neurochirurgischen und neuropsychologischen Rehabilitation. In diesem Jahr kann bereits der vierte Preisträger geehrt werden.
Es ist dies Herr Dr. med. Axel Piepgras von der Neurochirurgischen Klinik für Klinische Medizin Mannheim, dessen eingereichte Habilitationsschrift "Mäßige Hypothermie zur Neuroprotektion - Experimentelle Untersuchungen und klinische Anwendung" von der Jury mit dem ersten Preis ausgezeichnet wurde.
Die Arbeit beschäftigt sich mit den primären und sekundären Durchblutungsstörungen des Gehirns. Die Vermeidung solcher sekundärer ischämischer Schäden ist eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Therapie nach Schädelhirntrauma und nach Schlaganfällen.
Bereits in der Anfangsphase von Neurochirurgie und Herzchirurgie war bekannt, daß durch eine Absenkung der Kerntemperatur des Körpers eine geringere Hirndurchblutung vom Patienten besser toleriert wird.
Nachdem wegen des hohen Aufwandes und technischer Unzulänglichkeiten die Unterkühlung des Patienten während der Operation eigentlich nicht mehr durchgeführt wurde, liegen jetzt neue Erkenntnisse vor.
Durch eine moderate Absenkung der Kerntemperatur auf 32 Grad Hypothermie läßt sich auch eine deutliche neuroprotektive Wirkung erzielen. Schädigungen im Nervensystem können hierdurch vermieden werden. Die größten Erfolge zeigen sich beim schweren gedeckten Schädelhirntrauma.
Das Verdienst von Herrn Dr. Piepgras ist es, die experimentellen Grundlagen für diese Tatsache geschaffen zu haben. Darüber hinaus hat er technisch neue Entwicklungen für die praktische Anwendung dieser Methode erarbeitet. Hierbei erfolgt die Steuerung über den venösen Kreislauf und nicht mehr - wie früher - über die Körperoberfläche.
Herr Dr. Piepgras fand auch heraus, daß eine schnelle Abkühlung, die über ein Ober-flächenverfahren nicht möglich ist, entscheidende Bedeutung hat und nur so ischämische Schäden vermieden werden können. Er setzte hierzu einen Wärmetauscher ein und konnte die Absenkung der Temperatur auf 32 Grad innerhalb von knapp zwei Stunden erreichen. Wesentliche Bedeutung hat hierbei die Senkung des Schädelinnendruckes, einer der wichtigsten Faktoren bei der Behandlung des Schädelhirntrauma. Hierdurch wiederum ist es möglich, den im Schädelinnern auftretenden Wirkdruck des Gehirns (Perfusionsdruck) anzuheben.
Die Arbeit zeigt neue Wege in der Behandlung des Schädelhirntrauma auf. Eine mäßige Hypothermie bis auf 32 Grad Kerntemperatur des Körpers stellt ein wertvolles Verfahren der Neuroprotektion dar. Die nun vorliegenden Erkenntnisse von Herrn Dr. Piepgras sind damit wegweisend für die praktische Arbeit bei Schädelhirnverletzten und anderen Hirnschädigungen, wie spontane Blutungen und Schlaganfälle. Sie verdienen es deshalb in besonderem Maße, mit dem Förderpreis des KURATORIUMS ZNS und der Hannelore-Kohl-Stiftung ausgezeichnet zu werden.
Ich danke der Deutschen Gesellschaft für Neurotraumatologie und klinische Neuro-psychologie mit ihrem Vorsitzenden, Herrn Prof. von Wild, und der Deutschen Gesellschaft für neurologische Rehabilitation mit ihrem Vorsitzenden, Herrn Dr. Hömberg, die uns hier das Forum zur Verleihung des Förderpreises geboten haben.
Ich danke allen Bewerbern um den Förderpreis, die mit ihren Arbeiten wertvolle Impulse zur Weiterentwicklung der Neuro-Rehabilitation gegeben haben.