Laudatio zum Förderpreis 2012

Förderpreis 2012
der
ZNS - Hannelore Kohl Stiftung

Laudatio

von Dr. med. Annegret Ritz, Berlin, zur Übergabe an die Preisträgerin

Diplom-Psychologin Nadine Sasse, Göttingen,
für die Arbeiten:

"Self-Awareness and Health-Related Quality of Life after Traumatic Brain Injury"

und

"Validation of the German Language Version of the Quality of Life after Brain Injury (QOLIBRI) Scale"


anlässlich des "3rd. International Scientific Symposium" der ZNS - Hannelore Kohl Stiftung  am 4. April 2013 in Berlin

Das 1983 von Dr. Hannelore Kohl gegründete KURATORIUM ZNS für Unfallverletzte mit Schäden des zentralen Nervensystems und die von ihr 1993 gegründete Hannelore Kohl Stiftung, inzwischen zusammengeschlossen als ZNS - Hannelore Kohl Stiftung, verleihen seit 1993 in zweijährigem Turnus einen Preis zur Förderung der Forschung im Bereich der Rehabilitation von hirnverletzten Unfallopfern. Dieser Förderpreis wird für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten zur Erforschung, Entwicklung und Erprobung von diagnostischen und therapeutischen Verfahren in der neurologischen, neurochirurgischen und neuropsychologischen Rehabilitation sowie der Prävention von Schädelhirnverletzungen vergeben. Er soll eine Auszeichnung für hervorragende Leistungen des wissenschaftlichen Nachwuchses auf dem Gebiet der Rehabilitation Hirnverletzter sein. Im vergangenen Jahr wurden 14 Arbeiten eingereicht, die von einem Preisrichterkollegium beurteilt wurden. Dieses setzte sich zusammen aus den ärztlichen Mitgliedern der ZNS - Hannelore Kohl Stiftung: Dr. Annegret Ritz, Berlin, als diesjährige Vorsitzende, Prof. Dr. Dr. Jan Schwab, Berlin und Prof. Dr. Dr. Klaus von Wild, Münster, sowie den Herren Prof. Dr. E. Koenig, Bad Aibling, Prof. Dr. Dr. P. W. Schönle, Bad Oeynhausen und Prof. Dr. W. I. Steudel, Homburg / Saar. Zur aktuellen und damit bereits 10. Preisträgerin wurde Frau Diplom-Psychologin Nadine Sasse aus Göttingen gewählt. Sie erhält den Preis für ihre Arbeiten zu den Themen „Self-Awareness and Health-Related Quality of Life after Traumatic Brain Injury” und “Validation of the German Language Version of the Quality of Life after Brain Injury (QOLIBRI) Scale”.Nach Schulbesuch und Abitur in ihrer Heimatstadt Rostock studierte Nadine Sasse von 1995 bis 2004 an der Georg-August-Universität Göttingen Psychologie mit den Schwerpunkten Klinische Psychologie, Pädagogische Psychologie und Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie. In diese Zeit fiel ein 2-semestriger Auslandsstudienaufenthalt 2001 bis 2002 an der Universidad de Sevilla, Spanien, im Rahmen des europäischen Erasmus-Austauschprogramms. Frau Sasse absolvierte Berufspraktika im Schwerpunkt Familientherapie, in der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie und im Psychosozialen Dienst der Abteilung Hämatologie und Onkologie, jeweils in der Universitätsmedizin Göttingen, sowie zu Psychologischer Personalberatung und Führungskräfteentwicklung bei der Deutschen Lufthansa AG in Frankfurt am Main. Ihr Studium schloss Frau Sasse mit der Gesamtnote 1,5 ab. In der Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen erstellte sie ihre Diplomarbeit zum Thema „Beziehungserleben während stationärer Therapie“, die mit 1,0 benotet wurde. Im Juni 2007 wurde sie an der Biologischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen zur Promotion zugelassen mit dem Thema „Health-related quality of life after traumatic brain injury - impact of anosognosia and coping strategies on outcome“. Frau Sasse hat bereits eine beachtliche Liste von wissenschaftlichen Publikationen, Vorträgen und Posterbeiträgen vorzuweisen, davon 10 als Erstautorin. Seit Oktober 2004 ist Nadine Sasse wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universitätsmedizin Göttingen und damit Mitglied der Arbeitsgruppe von Frau Professor Nicole von Steinbüchel. Diese hat unter Beteiligung aus sechs Ländern Europas den QOLIBRI Fragebogen zur Beurteilung der gesundheitsbezogenen subjektiven Lebensqualität von Erwachsenen nach Schädelhirntrauma (SHT) erarbeitet. Damit stand erstmals ein fundiertes, breit einsetzbares SHT-spezifisches Instrumentarium zur Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität zur Verfügung, allerdings zunächst nur in englischer Version. Nadine Sasse war in den Folgejahren maßgeblich an der Erarbeitung und Validierung der deutschsprachigen Fassung beteiligt. Zusammen mit Nicole von Steinbüchel hat sie als gleichbeteiligte Erstautorin nun das Ergebnis dieser Arbeit vorgelegt und sich mit ihrer diesbezüglichen Publikation „Validation of the German Language Version of the Quality of Life after Brain Injury (QOLIBRI) Scale“ um den Förderpreis der ZNS - Hannelore Kohl Stiftung beworben. Diese QOLIBRI-Version ist das erste Instrument zur SHT-spezifischen Erfassung von gesundheitsbezogener Lebensqualität (gbzLQ) im deutschen Sprachraum. Er stellt neue SHT-spezifische Informationen zur Verfügung, die mit keinem bisher verfügbaren Instrument zu ermitteln waren. Insbesondere wurden detailliert die Auswirkungen kognitiver Beeinträchtigungen auf die Selbstbeurteilung der gbzLQ untersucht. Die Einschätzung von kognitiv beeinträchtigten Individuen nach SHT stellten sich als reliabel und valide heraus. Zu ihrer 2. eingereichten Arbeit zu „Self-Awareness and Health-Related Quality of Life after Traumatic Brain Injury“ hat Frau Sasse hier bereits vorgetragen. Es sei deshalb nicht nochmals näher darauf eingegangen. Sie hat darin nachgewiesen, dass eine eingeschränkte Selbstwahrnehmung nach SHT mit einer höheren subjektiven Beurteilung der gbzLQ assoziiert ist, insbesondere im kognitiven Bereich. Bei der Interpretation der Selbstbeurteilungen ihrer Lebensqualität durch hirnverletzte Menschen muss der Grad der Selbstwahrnehmung daher unbedingt mehr als bisher berücksichtigt werden. Zusammenfassend stellen die deutschsprachige Version des QOLIBRI und die sich bereits bisher aus seinem Einsatz ergebenden Erkenntnisse eine wesentliche Bereicherung für die Neurorehabilitation im deutschen Sprachraum dar. Der QOLIBRI hat das Potential, zu einem nützlichen Instrument für Kliniker und Forscher zu werden. Er kann in Studien der postakuten oder rehabilitativen Phase sowie in epidemiologischen Projekten eingesetzt werden. Mit seinen neuen richtungsweisenden Ergebnissen kann der QOLIBRI entscheidende sozialmedizinische Hilfestellungen in der Langzeitrehabilitation geben und kann bei der sozialen Wiedereingliederung neue Aspekte ermöglichen. Für diese preiswürdigen Arbeiten wird daher Frau Diplom-Psychologin Nadine Sasse der Förderpreis 2012 der ZNS - Hannelore Kohl Stiftung zuerkannt, der aus einer Urkunde und einer Prämie von 10.000,00 € besteht.