Krankheitsbild

Einem Wachkoma-Patienten gegenüber zu stehen, ist gerade bei den ersten Begegnungen mit viel Unsicherheit und möglicherweise auch Berührungsängsten verbunden. Die nachfolgenden, ausführlich gehaltenen Informationen mögen dazu dienen, durch schrittweises Verstehen des Krankheitsbildes Berührungsängste abzubauen und eine positive Beziehung zu dem Wachkoma-Patienten aufzubauen.

Die Informationen sind der von Professor Dr. Andreas Zieger verfassten Broschüre zum Wachkoma entnommen, die 2001 aktualisiert und neu aufgelegt worden ist. An einigen Stellen sind die Inhalte zur besseren Lesbarkeit gekürzt worden. Sie können den vollständigen Text der Broschüre in gedruckter Form gern bei der ZNS - Stiftung anfordern.

Wenn Sie Ihren Angehörigen in der Klinik, auf der Intensivstation, auf der Frührehastation, im Pflegeheim oder in häuslicher Umgebung besuchen und in Kontakt mit ihm treten, beachten Sie bitte jederzeit, dass Ihr Angehöriger ein Mensch ist, der im Umgang mit anderen Menschen und im Hinblick darauf, was andere über ihn reden mögen, empfindsam ist.

2. Vergewissern Sie sich im Umgang mit Ihrem Angehörigen, dass Sie ihn nicht geschmerzt, verletzt oder gar gekränkt haben, das heißt:

• Seien Sie möglichst einfühlsam, behutsam und liebevoll, um das notwendige Vertrauen zu ermöglichen und zu fördern.

• Vermeiden Sie unbedingt Kneifen, Necken oder unangenehmes Stimulieren.

• Machen Sie keine herablassenden Bemerkungen am Krankenbett, und versuchen Sie zu vermeiden, dass andere dies tun.

• Versuchen Sie, Ihren Angehörigen nicht mit Ihren eigenen Angstgefühlen und Sorgen zu belasten. Sprechen Sie stattdessen mit anderen Menschen, z. B. den Pflegenden oder Ärzten, die bereit sind, Sie anzuhören und zu entlasten, bevor Sie ihren kranken Angehörigen besuchen.

• Versuchen Sie, gefasst und optimistisch zu wirken, indem Sie in jeder Situation die positiven Momente hervorheben und beachten.

• Seien Sie nicht enttäuscht, wenn Ihr Angehöriger bei Ihrem Besuch und Ihrer Kontaktaufnahme ruhiger wird und einschläft; das ist kein Zeichen für Ablehnung oder Desinteresse, sondern ein Zeichen dafür, dass Ihr Angehöriger Ihnen vertraut, sich sicher fühlt und sich somit entspannen kann. Verstehen Sie das Schlafen als ein „Gesundschlafen“ (Erholungsschlaf).

• Begegnen Sie Ihrem betroffenen Angehörigen auch dann mit warmen, positiven Gefühlen, wenn Sie sich nicht sicher sind, dass er sie spürt.

• Versuchen Sie, Ihrem Angehörigen positive Gefühle entgegenzubringen, indem Sie sich anregend und förderlich verhalten.

• Versuchen Sie, mit Ihrem Angehörigen in einen engen, liebevollen Kontakt zu kommen und ihm dabei Angebote zum Dialog zu machen.

• Achten Sie darauf, was Ihr Angehöriger in zuerst oft feinsten vegetativen, körperlichen oder mimischen Regungen (evtl. zuerst nur auf dem Monitor) körpersprachlich von sich gibt und wie er sich selbst aktualisiert („Körpersemantik“). Solche Phänomene können Ausdruck von wieder einsetzender Vitalität sein und eine frühe Erholungsstufe einleiten.

3. Ihr Angehöriger ist durch das schädigende Ereignis schwerst beeinträchtigt; er ist aber kein „Defizitwesen“, sondern ein kranker, wehrloser und auf andere angewiesener Mit-Mensch und Mitbürger.

4. Bemühen Sie sich von Anfang an um regelmäßige Kontaktaufnahme und Gespräche mit Pflegenden, Ärzten und Therapeuten, um Ihre Sorgen und Ängste mitteilen und um Fragen „loswerden“ zu können. Auch erscheint es ratsam, sich früh vom Sozialdienst oder auch Psychologen des Krankenhauses über Hilfen und Unterstützungsmöglichkeiten beraten zu lassen, auch wenn die Prognose anfangs oft noch unklar ist. Je besser Sie informiert sind, Sie die Informationen verstanden haben, mit ihnen umgehen können und Sie die Informationen für sich als sinnvoll erleben, umso besser werden Sie sich selbst fühlen und den Kontakt zu Ihrem Angehörigen halten können.

5. Bringen Sie viel innere Kraft, Zuversicht, Geduld und Ausdauer mit; vor allem aber viel Zeit. Freuen Sie sich über jeden kleinen Fortschritt. Und freuen Sie sich darüber, dass Sie auch in dieser extremen Situation nicht von Ihrem Angehörigen getrennt (isoliert) sind, sondern zusammen sein können. Versuchen Sie, sich darauf einzustellen und zu lernen, sich auf Ihre eigene Aufmerksamkeit und Intuition zu verlassen, um trotz der widrigen und belastenden Situation die Verbundenheit mit Ihrem Angehörigen spüren zu können.

6. Bedenken Sie, dass eine schwere Hirnerkrankung immer auch eine psychische Kränkung mit sozialen Verlusten bedeutet. Versuchen Sie, Ihrem Angehörigen diejenige Anerkennung und Wertschätzung zu vermitteln, die Sie sich in seiner Situation wünschen würden, um sich im gesellschaftlichen Miteinander nicht als „Defizitwesen“ oder „Ausgeschlossener“ zu empfinden. Entscheidend für den Dialog ist Ihre Grundhaltung.

Als „Koma“ wird eine tiefe Betäubung oder ein tiefer krankhafter Schlaf bezeichnet, bei dem die Betroffenen keine Reaktion auf äußere Reize, auch nicht auf Schmerzreize zeigen und sich gegenüber der Umwelt nicht äußern. Außerdem ist die Spontanatmung erloschen, sodass die Betroffenen bereits am Unfallort mit einem Beatmungstubus versorgt und auf der Intensivstation weiterbeatmet werden müssen. Auch die Augen werden nicht geöffnet, weder auf Ansprache noch auf Körperreize.

Komazustände treten entweder infolge einer schweren Schädelhirnverletzung (z. B. Schädelhirntrauma) auf oder werden als Narkose durch eine kontrollierte Betäubung als „künstliches Koma“ eingeleitet. Auch Vergiftungen, entzündliche Hirnerkrankungen, schwere Schlaganfälle mit Durchblutungsstörungen des Gehirns, Sauerstoffmangel nach Herzstillstand mit Reanimationspflichtigkeit, Veränderungen des Stoffwechsels oder des Hormonhaushalts können zu Bewusstseinsstörungen und Koma führen.

In der biotechnisch orientierten Medizin wird Koma mit einer „Bewusstlosigkeit“ gleichgesetzt. Nach dieser Lehrmeinung steht das Defizit, das heißt der Ausfall des Bewusstseins im Vordergrund. Nach beziehungsmedizinischer Auffassung bedeutet Koma nicht einfach einen Ausfall der an das Hirnorgan gebundenen Bewusstseinsfunktionen, sondern auch eine gesamtorganismische Antwort auf schwerste Belastungen und Gewalteinwirkung („Stresstrauma“). Dies hat einen Zusammenbruch der Selbststeuerung, der Kommunikation und eine Trennung der Beziehungen zur Umwelt sowie zu sich selbst zur Folge. Das Bewusstsein wird danach bemessen, inwiefern Menschen in der Lage sind, Beziehungen zueinander und zu sich selbst aufrechterhalten zu können. Ein Koma hat eine Schutzfunktion und ermöglicht es, ganz bei sich selbst zu sein und sich auf elementare Kernzonen des autonomen Körperselbst, des Selbstseins, zurückzunehmen.

Koma ist kein passiver Zustand, sondern das Resultat einer aktiven, bis auf die tiefste Bewusstseinsebene zurückgenommenen Lebenstätigkeit am Rande des Sterbens und des Todes. Koma ist damit eine extreme, verletzliche, höchst empfindsame und schutzbedürftige menschenmögliche Seinsweise. Ein Leben im Koma ist nicht nur Ausdruck einer Krankheit, also pathologisch, sondern stets auch ein Schutzbereich und möglicher Ausgangspunkt einer neuen Lebensentwicklung. Ein Leben im Koma ist somit eine extreme, aber sinnvolle Seinsweise mit der Perspektive, wieder am Leben der anderen teilhaben zu können.

Das Gelingen hängt allerdings von vielen Umständen ab. Die hier skizzierte beziehungsmedizinische Auffassung vom Leben im Koma (und Wachkoma, siehe Abschnitt 2) entspricht einem „biopsychosozialen“ Verständnis, wie es von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (International Classification of Functioning, Disability and Health, ICF) bereits 2001 formuliert wurde. Demnach sind bei der Beurteilung eines Gesundheits- und/ oder Behinderungsproblems eines Menschen die biologisch-körperliche, die psychische und die soziale Dimension und hierbei insbesondere die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft von Anfang an zu beachten.

Im Koma drücken sich destruktive und produktive Momente und Dimensionen eines Menschen mit einer einzigartigen Lebensgeschichte aus. Die Symptomatik im Koma symbolisiert die Traumatisierung durch das schädigende Ereignis, den Schmerz und das Leiden. Deshalb ist es wichtig, Menschen im Koma nicht nur liebevoll zu behandeln, zu pflegen, zu schützen und in einen (inneren) Dialog mit ihnen zu treten, sondern zugleich auf erste vegetative, körperliche, mimische Reaktionen und/oder Dialogantworten zu achten. Diese stellen nämlich die Symptome dar, mit deren Erscheinen gehofft werden darf, dass die Traumaeinwirkung überwunden wird und eine Erholung (Remission) aus dem Koma beginnt. Koma und Komaremission sind nicht als statischer Zustand, sondern als ein dynamischer Prozess zu verstehen.

Dennoch gilt: Je länger ein Koma dauert, desto deutlicher verschlechtert sich die Prognose, dass der Betroffene wieder erwacht und ohne bleibende Beeinträchtigungen am Leben teilhaben kann. Ferner lehrt die Erfahrung, dass ein Koma infolge eines Schädelhirntraumas (SHT) eine bessere Prognose hat als eine Sauerstoffmangelschädigung (Hypoxie) nach Herzstillstand und Reanimation. Das bedeutet: Je länger das Erwachen ausbleibt, desto länger und mehr sind Sie als Angehörige der großen Ungewissheit und Sorge ausgesetzt.

Durch die Abgeschiedenheit und Unerreichbarkeit eines nahestehenden Menschen im Koma und Wachkoma werden oft eigene Ängste vor Sterben, Tod und schwerer Behinderung aktualisiert. Diese sind häufig nur mit Hilfe und Beistand anderer zu ertragen und in eine realistische Haltung der Hoffnung und Sorge für den anderen und sich selbst umwandelbar.

In der Regel wird die Tiefe des Komas an der Reaktion auf Reiz- oder Dialogangebote abgelesen und erkannt. In Anlehnung an australische, britische und nordamerikanische Pflegebeobachtungen unter Komastimulation aus den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts werden drei Stufen des Aufwachens aus dem Koma (Komastufen) unterschieden: keine Reaktion, allgemeine Reaktionen, lokalisierte Reaktionen.

Keine Reaktion

Der Patient scheint in einem tiefen Schlaf zu liegen und vollkommen unempfänglich für jede Art von Stimulation, z. B. bei Schmerz, Berührung, Geschmack, Geräusch oder Zeigen von Gegenständen, zu sein. Er befolgt keinerlei Aufforderung und öffnet die Augen nicht. Er liegt regungslos und muss beatmet werden, weil die Spontanatmung nicht verfügbar ist. Der Herzschlag ist am Monitor regelmäßig zu hören. Auch Blutdruck und Temperatur werden kontrolliert und am Monitor aufgezeichnet. In diesem Stadium können leichte Schwankungen und Veränderungen der vitalen Parameter auftreten. Sie zeigen an, dass mithilfe intensivmedizinischer Unterstützung eine basale organismische Regulation möglich ist und der Patient lebt.

Allgemeine Reaktionen

Der Patient reagiert gelegentlich auf allgemeine Stimulationen, jedoch nicht immer auf die gleiche Art und Weise. Er kann zeitweise mit ungerichteten und „primitiven“ Körpermassenbewegungen und starren körperlichen „Schablonen“ mehr oder weniger stark reagieren und seinen Körpertonus und Gesichtsausdruck verändern. Die Reaktionen sind oft nur angedeutet, spärlich, sehr verlangsamt und treten oft verzögert auf. Auch diffuses Schwitzen, Hautrötungen und körperliche Spannungszustände gehören dazu. Sie können durch innere Trigger wie Verdauungsprobleme und Blähungen oder auch durch Schmerzen, Bewegungshunger und Stress (wie bei Säuglingen „bauchgesteuert“) ausgelöst werden.

Auch wenn diese allgemeinen Reaktionen eher nur diffus, ungerichtet, spärlich und verlangsamt auftreten, sind sie im beziehungsmedizinischen Verständnis als Ausdrucksformen der Vitalität (Stern) und Zeichen von Lebendigsein zu verstehen. Im biologischen Sinne sind sie als Potenziale von Erbkoordinationen zu verstehen, die auf der Evolutionshöhe der Gattung Mensch nicht nur der Selbsterhaltung dienen, sondern auch das Bemühen von Verbundenheit mit anderen signalisieren, wenn auch letztlich mit von untauglichen, nicht zum Überleben fähigen Mitteln. Erst die moderne Intensivmedizin kann in diesen Fällen das Überleben sichern.

Lokalisierte Reaktionen

Der Patient reagiert auf spezifische Stimulationen, aber nicht immer auf die gleiche Art. Die Reaktionen erfolgen jetzt mehr oder weniger direkt im zeitlichen Zusammenhang zur Stimulation und können sich äußern in Form von Kau- und Mundbewegungen, Veränderungen der Mimik, Öffnen der Augen, Veränderungen der Atmung, Drehen des Kopfes auf Geräusch oder Ansprache, Verfolgen eines Objekts oder eines anderen Gesichts mit den Augen, Veränderungen des Körpertonus und erster Spontanbewegungen. Diese wandeln sich dann zunehmend in gerichtete Bewegungen von Blick, Kopf und Hand und Körperteilen auf äußere Objekte zu oder weg davon und schließlich auch mittels Augenöffnen und Augenschließen oder Handgeben und Loslassen auf Aufforderung.

Besonders die letzte Reaktion wird in der klinischen Medizin als Zeichen des Erwachens aus dem Koma und Wiederkehr des Bewusstseins gedeutet. Der Patient kann bald auf einfache Befehle wie z. B. „Strecke Deinen Arm, hebe die Hand, schließe die Augen“ mehr oder weniger konsequent reagieren. Ist die Stimulation vorüber, kann er wieder einschlafen und ruhig daliegen. Man spricht von einem „inselförmigen“ Erwachen. Dies kann den Übergang in ein Wachkoma andeuten. Dieses Verhaltensniveau ist möglich, weil jeder Mensch, auch nach schwerster oder schwerer Hirnschädigung, nicht nur auf angeborene Erbkoordinationen, sondern auch auf vorherige mit seinem Körper erworbene Lebens- und Beziehungserfahrungen in Form des sogenannten impliziten, unbewussten Körper- und Beziehungswissens zurückgreifen kann. Es besteht Grund zu der Annahme, dass der Patient jetzt langsam auch zu spüren beginnt, dass er intubiert ist oder einen Katheter hat, und wird möglicherweise versuchen, daran zu ziehen. Außerdem kann er sich Aufforderungen und Zwängen anderer Art autonom widersetzen. Er zeigt Unruhe und wirkt enthemmt.

In dieser Phase des zunehmenden Selbstgewahrseins, der zunehmenden Reagibilität und des Erwachens überschießender Affekte und Bedürfnisse ist eine beruhigende Zuwendung und einfühlsame Ansprache äußerst wichtig. Dadurch, dass der Patient erschöpfungsbedingt zwischendurch immer wieder einschläft, um Energie „zu tanken“, wird die Kette der notwendigen Wahrnehmungen, die für das kontinuierliche Spüren seiner selbst in der Welt wichtig sind, immer wieder unterbrochen. Selbsterleben und Umwelt erscheinen verworren, „verrückt“ und „ohne roten Faden“. In diesem Stadium des sogenannten Durchgangssyndroms ist das deklarative oder „bewusste“ Gedächtnis noch nicht in der Lage, diese Lücken zu überbrücken oder zu schließen.

Unruhezustände können auch dadurch ausgelöst werden, dass traumatische Szenen, die beim schädigenden Ereignis oder im Moment des Unfalls erlebt wurden, vom verletzten Gedächtnis nicht gefiltert oder zurückgehalten werden, sondern aus dem impliziten oder „unbewussten“ Gedächtnis immer wieder in das Traum- und Tageserleben durchschlagen. Welche Szenen dies sind, können wir von außen nicht erkennen. Jedoch berichten Überlebende mit Komaerfahrung nicht selten von „ozeanischen Schwebezuständen“, Tunnelerfahrungen, Erlebnissen wie die empfundene Auflösung des Körperselbst, sich außerhalb des eigenen Körpers zu befinden und dabei sich selbst im Bett liegend zu betrachten sowie anderen Nahtoderlebnissen.

Wenn ein tiefes Koma überlebt wird, entwickelt sich bei besonders schwer Betroffenen nach 2 bis 4 Wochen ein Wachkoma: Die Augen werden geöffnet, der Blick geht dabei anfangs ins Leere, und die Spontanatmung setzt langsam und stockend wieder ein. In seiner ursprünglichen Bedeutung wird unter einem apallischen Syndrom ein Erlöschen des Selbstbewusstseins und der Kontaktfähigkeit mit sich selbst und der Umwelt verstanden. In Anlehnung an die überholte französische Bezeichnung coma vigile wird von einem Wachkoma gesprochen: Der Patient liegt mit offenen Augen. Obwohl manchmal vegetative affektiv-emotionale Reaktionen auf Umweltereignisse auftreten, fixiert der Betroffene diese nicht und ist aus eigener Kraft zu keiner Kontaktaufnahme mit seiner Umwelt fähig. Es besteht zwar eine stabile Atmung, und es zeigt sich ein mehr oder weniger einsetzender Schlaf-Wach-Rhythmus, aber infolge einer allgemeinen Muskeltonuserhöhung (Spastik) besteht eine weitgehende Bewegungsunfähigkeit.

Wegen der überwiegend vegetativen Symptomatik wird im angloamerikanischen Raum die Erkrankung auch als „vegetativer Zustand“ (englisch: vegetative state; zynische Variante: human vegetable) bezeichnet. Diese Bezeichnung legt es nahe, die Seinsweise der Kranken herablassend als „primitiv“, „Gemüse“ oder – wie im Nationalsozialismus geschehen und heute leider immer noch vorkommend – als „sinnlose Hülle“, „Ballastexistenz“ oder „lebensunwert“ zu bezeichnen und abzuwerten. Es dürfte aus den bisherigen Beschreibungen deutlich geworden sein, dass es sich dabei nicht um „Zustände“, sondern um ineinander übergehende Entwicklungs- und Erholungsprozesse handelt. Diese können sich kontinuierlich entwickeln, aber immer wieder auch von Rückschlägen, Misserfolgen begleitet sein. Auch ein Scheitern aller Bemühungen mit Todesfolge ist möglich.

Im Bemühen um eine möglichst wertneutral beschreibende Nomenklatur hat man sich international für das Vollbild des Wachkomas auf die Bezeichnung „Unresponsive Wakefulness Syndrome“ (UWS) bzw. „Syndrom reaktionsloser Wachheit“ (SRW) verständigt. [...]

Es hat sich gezeigt, dass Menschen im Wachkoma, vor allem, wenn sie die frühe Remissionsphase erreicht haben, durch äußere Ereignisse wie die Schreie anderer Menschen (affektiv-emotional-soziale Reize!) und kognitive Aufforderungen, sich vorzustellen, Tennis zu spielen oder in der eigenen Wohnung umherzugehen, ähnliche kortikale und subkortikale Zonen im Gehirn aktivieren können wie Gesunde. Auch sind sie nicht selten in der Lage, sinnvolle von unsinnigen Sätzen zu unterscheiden, was sich durch charakteristische, ereigniskorrelierte „kognitive“ Hirnstromsignale erkennen lässt. Was Menschen dabei allerdings subjektiv erleben, kann auch mit diesen Techniken nicht beschrieben werden.

Menschen im Wachkoma sind also weder „Gemüse“, „Sterbende“ oder „Hirntote“, sondern Lebende! Sie brauchen vor allem Lebenshilfe und keine Hilfe zum Sterben oder gar „Euthanasie“! Das bedeutet im beziehungsmedizinischen Sinne jedoch, dass wenn sie schwächer werden und erschöpfen oder wenn ihre Zeit gekommen ist und ein Sterbemodus eintritt, ihnen ein Sterbenkönnen in Würde ermöglicht werden sollte. Sterben setzt dann ein, wenn mehrere Organsysteme des Körpers gleichzeitig ihren Dienst zu versagen beginnen oder wenn durch eine schwere Hirnschädigung eine übergreifende (integrierte) abgestimmte und lebensnotwendige Kooperation von Körperorganfunktionen wie Atmung, Herzkreislauf und Nierenfunktion unmittelbar versagt oder in ein Hirntodsyndrom übergeht. Dann aber sind Maßnahmen der Therapiebegrenzung, palliativ-medizinisches Handeln und hospizliche Begleitung im Sinne von Sterbebeistand als menschenwürdige Hilfe beim Sterben angezeigt. 

Nach der Primärversorgung am Unfallort und im Krankenhaus werden die Verletzten auf der Intensivstation betreut. Hier kommt es vor allem darauf an, die Vitalfunktionen wie Atmung, Herzkreislauf, Blutdruck, Einfuhr und Ausscheidung in einem stabilen Gleichgewicht zu halten und Stress sowie Schmerzen vom Patienten fernzuhalten. Diese sogenannte Schockphase dauert in der Regel einige Tage. In dieser Zeit werden die Betroffenen medikamentös tief sediert und meist auch kontrolliert beatmet (Narkose, künstliches Koma). Während dieser Zeit auf der Intensivstation werden die Vitalfunktionen überwacht und Veränderungen sofort erkannt. Vorrangiges Ziel ist die Versorgung des Gehirns mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen, damit die Schädigung nicht größer wird, Selbstheilungsprozesse beginnen können und der Wiederaufbau der  organismischen Integrität unterstützt wird.

Kritisch muss jedoch angemerkt werden, dass die Intensivstation eine künstliche Situation darstellt, in der die Kranken oft über längere Zeiträume hinweg ohne jeglichen menschlichen Kontakt in einer für sie völlig fremden Umgebung isoliert und abgeschieden leben. In zahlreichen Untersuchungen zur psychologischen
Situation Bewusstloser auf der Intensivstation wurde nachgewiesen, dass trotz Koma und Narkose diese Situation passiv, angstvoll und höchst bedrohlich erlebt werden kann. Im Sinne eines hier verfolgten beziehungsmedizinischen Komaverständnisses ist dies nachvollziehbar, weil auch ein Mensch im Koma
(unbewusste) Wahrnehmungen hat, sich an veränderte Umweltbedingungen orientieren und anpassen muss und daher sensibel für Ereignisse seiner näheren Umgebung ist.

So ist z. B. bekannt, dass hämmernde Schritte, laute Geräusche und Alarme der Monitore sowie selbst auch notwendige und gut gemeinte Handlungen am Krankenbett von den Kranken als auf sich selbst bezogen wahrgenommen und als Bedrohung ihrer selbst empfunden werden können. Es gibt Berichte, wonach vor allem bei Kindern ein Komazustand durch ein über sie Hinwegreden und durch zusätzliche schmerzhafte Aktionen aufrechterhalten und verlängert werden kann, die fremde und oft menschenleere Umgebung angstvoll erlebt wird und sie sich deswegen innerlich zurückziehen (sogenanntes Dornröschenschlaf-Syndrom).

Eingangs wurde bereits darauf hingewiesen, dass im beziehungsmedizinischen Verständnis Menschen, solange sie nicht gestorben sind, mit inneren Wahrnehmungen, Empfindungen und Bewegungen mit der Umwelt und anderen Menschen verbunden sind. Das Zwischenmenschliche und das soziale Organ,
das Gehirn als „Beziehungsorgan“, ist für Menschen und das Menschsein geradezu existenziell und konstitutiv. Frühere Forschungen haben ergeben, dass Menschen im Koma und Wachkoma unbewusst mittels Veränderungen der Herzrate, der Atemtiefe und des Hautwiderstands auf emotional bedeutsame oder vertraute Reize oder Dialogangebote reagieren. Diese vegetativen Reaktionen sind oft nur am Monitor abzulesen oder in Form einer subtilen Körpersprache mit Veränderungen der Mimik, des Körpertonus, der Augenstellung, der Lid- und Mundbewegungen oder am Schwitzen und am Rotwerden zu erkennen.

Man kann einwenden, solche vegetativen Reaktionen und körperlichen Ausdrucksformen der Vitalität hätten nichts mit „Bewusstsein“ zu tun, doch gibt es immer wieder Berichte, wonach solche Befunde und körpersprachlichen Phänomene erste Anzeichen dafür sind, dass sich eine Remission aus dem Koma und Wachkoma entwickelt. Es kann daher durchaus von einer „Körpersemantik“ gesprochen werden, weil diese körperlichen Reaktionen, die häufig zuerst von Angehörigen beobachtet werden, mit aller Vorsicht für den Einzelnen interpretiert, von entscheidender prognostischer Bedeutung sein können. Während heutzutage viele Pflege- und Therapeutenteams solche Beobachtungen in ihren Umgang mit Kranken einbeziehen, tun sich behandelnde Ärzte damit häufig nach wie vor schwer. Es ist daher auch nicht bedeutungslos, dass, wenn ein Mensch im Wachkoma die Schreie anderer Menschen über einen Kopfhörer wahrzunehmen scheint und sein soziales Gehirn im Scanner ein ähnlich aktiviertes subkortikales und kortikales Verarbeitungsmuster aufweist wie Gesunde, er jedoch weiterhin als „bewusstlos“ oder gar „empfindungslos“ eingestuft wird.

Es sei hier an die bereits oben angesprochenen angeborenen Erbkoordinationen und das implizite (unbewusste) Körper- und Erfahrungswissen von Komapatienten erinnert. Manche Forscher sprechen daher heute beim Wachkoma von einem affektiv-emotionalen Bewusstsein als Vorstufe der wachbewussten und rational-kognitiven Bewusstseinsebene. Auch zeigt der Umgang mit diesen Patienten in der Frührehabilitation oder auf der Wachkomastation immer wieder, dass eine liebevolle emotionale Zuwendung, Beruhigung, Trost, Zuversicht und Unterstützung den Übergang in eine frühe Remission fördern können. [...]

Es kann nicht sicher vorhergesagt werden, ob, wie, was und wie viel ein Mensch im Koma und Wachkoma wahrnimmt, was er eventuell innerlich erlebt und wie er empfindet. Aus den Schilderungen zur psychologischen Situation von „Bewusstlosen“ auf der Intensivstation wurde bereits deutlich, dass die Anwesenheit und Nähe vertrauter Menschen besonders wichtig ist. Angehörige kennen die Eigenarten und Persönlichkeit des Kranken. Sie bringen einen „emotionalen Blick“ mit ans Krankenbett. Nicht selten sind es insbesondere die Angehörigen, die bei ihren Kranken zuerst Veränderungen bemerken, wie z. B.
angedeutete Bewegungen, im Gesichtsausdruck, bei Atmung oder Herzschlag, in der Hautfarbe, beim Augenöffnen oder der Art des Blicks.

Nicht selten scheinen diese frühen Beobachtungen von kleinen Zeichen und primitiven Reaktionen im Widerspruch zu den Wahrnehmungen des Betreuungspersonals zu stehen. Manche Angehörige haben daher eine Videokamera mitgenommen und die Reaktionen gefilmt, um ihre Beobachtungen zu beweisen. Wie oben bereits ausgeführt, sprechen Untersuchungen mit der neuen Bildgebung für die Annahme, dass Menschen im Wachkoma zuerst emotional ansprechbar sind. Und so ist es nicht abwegig, anzunehmen – wenn auch noch nicht genügend erforscht – dass emotionale Zuwendung, Trost, Zuversicht und partnerschaftliche Unterstützung den Übergang in eine frühe Remission fördern können.

Nicht selten sind es auch die Angehörigen, die wiederum zuerst bemerken, dass sich Art und Intensität der Reaktionen in Abhängigkeit von Art und Intensität der Stimulation, Kommunikationsangeboten oder äußeren Ereignissen (Umgebung, Stationskultur, Atmosphäre) ändern. So wurde z. B. beobachtet, dass bei einem Patienten die Herzfrequenz immer dann anstieg, wenn seine Freundin mit festem Schritt das Krankenzimmer betrat, ohne ihn berührt oder angesprochen zu haben. Ein anderer Patient wurde durch das beharrliche Akkordeonspiel seiner Tochter „geweckt“. Wiederum andere Kranke lassen sich nur von einem bestimmten Familienmitglied oder ihrer Lieblingskrankenschwester Essen eingeben, wobei sie zudem hochindividuell ganz bestimmte Geschmäcke oder Speisen bevorzugen. Die Reihe derartiger Beispiele ließe sich weiter fortsetzen.

Alle diese Beobachtungen weisen darauf hin, dass Menschen im Koma und Wachkoma offenbar früher als bisher angenommen versuchen, mit ihrer Umwelt in Kontakt zu kommen, indem sie auf die ihnen einzig mögliche und spezifische Weise tätig werden oder antworten. Es muss also das Ziel sein, an die Äußerungen und Formen der Reaktionen, Verhaltensantworten und Selbstaktualisierungen anzuknüpfen und einen verlässlichen Verständigungscode aufzubauen, z. B. über das Atmen, Seufzen, Blinzeln, Handzeichen und andere Regungen.

Durch Ihre Anwesenheit, Nähe und emotionale Zuwendung können Sie zu Ihren Kranken die lebensnotwendige Verbindung und Kommunikation aufnehmen und zu entwickeln helfen. Sie schaffen damit nicht nur das notwendige Vertrauen, sondern geben zugleich basale Orientierungen in Raum und Zeit und vermitteln Sicherheit. Das Wichtigste aber dürfte sein, dass Sie Ihren Angehörigen die Wirkungen ihrer selbst im köpernahen Dialog spüren lassen, wodurch ein elementares Körperselbstbewusstsein sich wieder aufbauen kann.

Klinische Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen weisen darauf hin, dass ein Wachkoma kein defektiver Endzustand ist, sondern als Zwischenstadium in der Entwicklung aus einem tiefen Koma eines neuen Lebens in Erscheinung treten kann. Wie oben schon angesprochen, wurde mit modernen bildgebenden Verfahren nachgewiesen, dass auch im Wachkoma fragmentierte kortikale Restaktivitäten bestehen können, die auf Schmerzverarbeitung, Gesichtererkennen, vertraute Stimmen hören oder innere Sätze aussprechen hinweisen. Ferner wurde festgestellt, dass sich bei frühzeitiger, intensiver Zuwendung und Kommunikation nicht selten schwere Formen des Langzeit- oder Wachkomas im Vollbild vermeiden lassen oder deren Symptome nur in flüchtiger Form auftreten („apallisches Durchgangssyndrom“). Menschen im Wachkoma können nicht nur sensorische Stimulationen, menschliche Stimmen und körpernahe Dialogangebote wahrnehmen, sondern auch einfache motorische Reaktionen erlernen.

So haben schwedische, angloamerikanische und eigene Studien gezeigt, dass bis zu zwei Drittel der Kranken durch ein früh einsetzendes und strukturiertes Therapieprogramm mit multisensorischer Stimulation und körpernahem Dialogaufbau sozial reintegriert werden können. Vor allem in familiärer und häuslicher Umgebung können noch nach Jahren erstaunliche Entwicklungsfortschritte erzielt werden, wodurch die Betroffenen kommunikabel, pflegeunabhängiger und selbstständiger und die Angehörigen entlastet werden.

Außerdem gibt es inzwischen gute Erfahrungen damit, dass die Kranken zwar oft schwerstbeeinträchtigt bleiben, aber mit familiärer und therapeutischer Unterstützung sowie technischen Kommunikationshilfen zu einer Ja/Nein-Verständigung befähigt werden können (Augencode, Handcode, Buzzer). Hier haben sich in jüngerer Zeit Erkenntnisse und technische Entwicklungen der Unterstützten Kommunikation (UK) als besonders hilfreich erwiesen. Von daher kann vielleicht auch das gefürchtete „Steckenbleiben“ im Dauerkoma oder Wachkomasyndrom weniger als alleiniges Resultat der Hirnschädigung, sondern auch als Folge zusätzlicher Traumen und fehlender sensorischer Anregung, Zuwendung, Kommunikation und Teilhabe am sozialen Dialog angesehen werden. Die isolierten Patienten leiden an einer durch das traumatische Ereignis ausgelösten „inneren Blockierung“, die einer Auflösung durch eine beherzte, liebevolle und wärmende zwischenmenschliche Umgebung bedarf, die sich des „Bewusstlosen“ vorbehaltlos annimmt und eine emotionale und soziale Teilhabeperspektive von Anfang an in das Denken und Handeln einbezieht.

 

 

Es gehört zur existenziellen Grundlegung des Menschen, dass trotz aller Sehnsüchte nach Schönheit, Jungsein und Wachstum das Leben endlich ist. Der Mensch ist keine reparable Maschine, deren Funktionstüchtigkeit man beliebig aufrechterhalten, verlängern oder steigern kann, sondern Menschen sind verletzliche und auf andere angewiesene Lebewesen. Schwersthirngeschädigte sind in größter existenzieller Gefahr und tief verletzt. Trotz moderner Rettungssysteme, Beatmungs- und Intensivmedizin besteht auch heute noch in der Akutphase ein hohes Risiko, zu versterben. Das Leben im Koma auf der Intensivstation stellt für alle Beteiligten eine große Herausforderung und Belastung dar. Gerade im Alter kann aufgrund vorbestehender Begleiterkrankungen und Komplikationen die Behandlung eines Schädelhirntraumas oder eines schweren Schlaganfalls trotz aller akutmedizinischer und frührehabilitativer Bemühungen in eine sterbensnahe Situation münden. Dies ist auch in der Langzeitversorgung außerhalb des Krankenhauses Zuhause oder im Pflegeheim möglich.

Zur Versorgung von Menschen im Koma, Wachkoma und in den frühen Remissionsphasen gehört daher auch die Einsicht, dass es selbst bei sorgfältiger Therapie und Pflege zu Komplikationen, Schwäche und Erschöpfung kommen kann, die den Organismus samt seiner psychischen Widerstandskraft und sozialen Ressourcen zunehmend beeinträchtigen. Häufige Komplikationen – gerade auch bei dauerbeatmeten Patienten – sind Störungen des Magen-Darm-Transports mit Erbrechen wie auch Lungenentzündung und aufsteigende Harnwegsinfektionen mit Blutvergiftung (Sepsis). Auch können Besiedelungen mit multiresistenten Keimen zu einer tödlichen Infektion führen, weil kein Antibiotikum mehr hilft. Der Zustand des Betroffenen kann sich durch solche Umstände innerhalb weniger Stunden krisenartig zuspitzen.

In einer solchen Situation sind nach heutigem rechtlichen und ethischen Verständnis alle Beteiligten aufgefordert, die Behandlung zu hinterfragen und sich die Frage zu stellen: Was hat der Betroffene in gesunden Tagen dazu gesagt? Hat er eine Willenserklärung abgegeben, z. B. in Form einer Patientenverfügung oder in Form wiederholter Äußerungen im Familienkreis (mutmaßlicher Wille)? Auch die Behandler, insbesondere Ärzte, müssen die Indikation zu einer Maßnahme oder Therapie kritisch hinterfragen, ist es doch rechtlich und ethisch geboten, einen Patienten nicht gegen seinen Willen zu behandeln.

Zu einer Entscheidung für die Art der Weiterbehandlung oder Behandlungsbegrenzung einschließlich Palliativ- und/oder Hospizmodus sind alle Beteiligten im Konsens verpflichtet. In einer solchen Situation kann demnach Hilfe beim Sterben, nicht jedoch zum Sterben, geboten sein, um ein Sterbenkönnen in Würde zu ermöglichen. Eine „bewusstlose“ Weiterbehandlung um jeden Preis ist zwingend zu vermeiden.

Menschen im Sterben werden ohnmächtig und bewusstlos. Sie verlieren das Bewusstsein und geben ihren Geist auf. Komatöse Hirngeschädigte im Sterben haben ihr Bewusstsein bereits mehr oder weniger verloren und/oder sind jetzt dabei, ihren Geist vollständig aufzugeben. Ein tiefes Koma ist in der biotechnisch orientierten Medizin – neben Atemstillstand und völliger Reaktionslosigkeit auf Schmerzreize (Verlust der Schutzreflexe) – eines der drei wichtigen klinischen Anzeichen eines drohenden oder bereits eingetretenen Hirntodsyndroms.

Nach neueren Erkenntnissen wird durch ein Hirntodsyndrom angezeigt, dass ein sterbender Mensch nach einer schwersten Hirnschädigung an dem Punkt der Unumkehrbarkeit des Sterbeprozesses angekommen ist. Er ist ein (noch) Lebender, bei dem, wenn er eingewilligt hat (im Sinne der Entscheidungslösung) oder die Angehörigen dies bezeugen können (im Sinne der erweiterten Zustimmungslösung), Organe und/oder Gewebe entnommen und verpflanzt werden dürfen. Ein Sterben im Hirntodsyndrom stellt alle Beteiligten vor schwere ethische und persönliche Fragen und Entscheidungen, bei denen der (mutmaßliche) Wille des Patienten stets in den Vordergrund zu stellen ist und
zum Maßstab erhoben werden muss.